Die Wetterhexe im Pfarrhof
Einst hat es im lsental schon längere Zeit nicht mehr geregnet gehabt, und es hat schon überall in den «Perter» (steile Wiesenhänge) arg angefangen zu «brennen» (durch starke Sonneneinstrahlung versengte Grasnarbe, die sich rötlich färbt) Da hat der Pfarrer zu seiner Haushälterin gesagt: «Wir sollten für ein wenig Regen beten!» «Oh, wenn es nur an dem fehlt», hat sie gemeint, «den können wir selber machen», und drückt dem Pfarrer einen kleinen Topf voll Wasser mit drei weissen Bohnen darin in die Hände. «So, jetzt müssen Sie da drin ein wenig umrühren, aber sorgfältig, und aufpassen, dass Sie keine von diesen Bohnen ausschütten.»
Der Pfarrer hat es genauso gemacht, wie sie ihm gesagt hat, und ja, es habe da schön fein zu regnen angefangen. Nach einer Weile hat den Pfarrer doch die Neugierde gepackt, und er hat eine von diesen Bohnen ausgeschüttet. Und im gleichen Augenblick hat es einen schweren Platzregen gegeben, und die Wildbäche rundherum sind bedenklich gestiegen. Wie danach die zweite Bohne auch noch hinausgefallen ist, hat es sogar zu hageln angefangen.
Aber da ist die Köchin schnell durch die Türe geschossen gekommen und hat den Pfarrer gehörig angeschnauzt: «Um Himmels willen, was machen Sie da? Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie dürfen keine von diesen Bohnen verschütten! Wenn Sie jetzt die dritte auch noch ausgeleert hätten, so wäre hier im lsental kein Stein mehr auf dem anderen geblieben.»
Auf das hin habe der Pfarrer seine Haushälterin verjagt. Eine Hexe, habe er gemeint, möge es doch wahrlich in einem Pfarrhaus «nit lyydä» (nicht leiden/ sei nicht tragbar).


