Von der Claridenalp erzählt man sich eine sonderbare Geschichte, bei der jeder selber für sich ausmachen muss, ob er sie glauben will oder nicht.
Vor Zeiten hat dort ein Senn «galpet» (Alp bewirtschaftet), der zu seinem Vergnügen noch eine Hure bei sich gehabt hol. Kathry hat dieselbe geheissen.
Es ist eine prächtige Alp gewesen, und Gras hat es so viel und so gutes gehabt, dass man die Kühe dreimal am Tag hat melken müssen. Davon hat es da wahrlich eine Menge Käse und manchen Butterballen gegeben. Aber der Senn ist mit diesen Gaben Gottes himmeltraurig umgegangen. Er hat aus den fettesten Butterballen und den grössten Käsen für seine Geliebte einen schönen Weg zwischen dem Käsestall und der Sennhütte gemacht, so dass sie barfuss hat herumlaufen können, ohne etwa in einen Kuhfladen zu stehen oder ihre feinen Füsse an einem Stein aufzuschlagen. Und wie da einmal seine arme alle Mutter zu ihm auf die Alp hinaufgekommen ist, hungrig und durstig, und ihn um ein wenig Speise und Trank gebeten hat, hat er ihr saure Käsemilch gegeben, zuerst aber das bisschen Zieger, das es noch drin gehabt hat, herausgenommen und dafür einen Pferdeapfel hineingetan. Ja, sogar zu seinem Hund Parysi hat er besser geschaut als zu seiner alten betaqten Mutter.
So hat es dieser Senn schlimm getrieben auf dieser Alp und eines Tages in seinem Übermut sogar noch seine beste Kuh getauft und ihr den Namen Brändi gegeben. Auf das hin hat die alte Mutter ihren eigenen gottlosen Sohn verflucht: «Senn Mathys, Hund Parys,
Und noch heute hört man es am Karfreitag von Clariden her rufen: «Senn Mathys, Hund Parys,
Ob diese Geschichte sich tatsächlich so abgespielt hat oder ob sie nur von den frommen Geistlichen erfunden worden ist, um das Volk, und gerade die Sennen auf der Alp, vom Laster der Hurerei und dem Ungehorsam gegenüber den Ellern abzuhalten, das kann ich nun freilich nicht sagen, aber eine Menge Leute meinen, «äs meeg s nit lyydä» (es möge es nicht dulden/ es sei nicht ratsam), an der Wahrheit dieser Geschichte zu zweifeln.




